Der Begriff „Biodiversität“ ist die Kurzform von „biologischer Diversität“ – also der Vielfalt des Lebens auf unserer Erde. Er wurde erstmals 1986 im Rahmen des National Forum on BioDiversity in Washington geprägt, einem Treffen von Naturschutzforschern und Umweltaktivisten. Seitdem hat sich das Wort weltweit durchgesetzt und steht heute sinnbildlich für ein wertvolles Gut, das es zu schützen gilt.
Biodiversität beschreibt die Vielfalt auf allen Ebenen des Lebens – von der genetischen Vielfalt innerhalb einer Art über die Vielfalt der Arten selbst bis hin zur Vielfalt der Lebensräume, in denen sie vorkommen.
Nur wenn diese Vielfalt erhalten bleibt, können Ökosysteme stabil funktionieren und auch uns Menschen einen lebensfreundlichen Raum bieten. Dabei geht es nicht darum, möglichst viele Arten – egal welcher Herkunft – in einem Gebiet zu vereinen. Entscheidend ist, dass die Arten in einem natürlichen Gleichgewicht zueinander stehen.
So ist Biodiversität weit mehr als ein wissenschaftlicher Begriff: Sie steht für das Netz des Lebens, das alles miteinander verbindet.
Für uns Menschen ist nicht die Biodiversität als isoliertes Gut überlebenswichtig, sondern als Teil der komplexen natürlichen Systeme, von denen wir abhängen. Der Begriff hilft uns, diese Komplexität zu begreifen.
Ökosysteme versorgen uns mit lebenswichtigen Leistungen – mit sauberem Wasser, fruchtbaren Böden, Bestäubung, Klimaregulation und vielem mehr. Damit sie stabil funktionieren, braucht es das fein abgestimmte Zusammenspiel ihrer Bewohner – ein Zusammenspiel, das im Laufe der Koevolution entstanden ist. Über Millionen Jahre hinweg haben sich Arten gegenseitig und an ihre Umwelt angepasst.
Deshalb macht Vielfalt alleine ein Ökosystem noch nicht stabil. Entscheidend sind die Beziehungen zwischen den einzelnen Bestandteilen: zwischen Pflanzen, Tieren, Pilzen, Mikroorganismen und ihrer Umwelt. Diese komplexen Verflechtungen halten das ökologische Gleichgewicht aufrecht – und gerade sie verstehen wir oft nur unvollständig.
Wenn wir heute künstliche Lebensräume schaffen, etwa im Siedlungsraum, kommt es deshalb darauf an, heimische Arten zu fördern. Sie sind Teil dieses eingespielten Netzes und sichern, dass die vertrauten Beziehungen zwischen den Arten erhalten bleiben.
Biodiversität wirkt wie eine Versicherung für unsere Ökosysteme: In einem vielfältigen System kann der Ausfall einer Art oft durch eine andere ausgeglichen werden. Dieses Prinzip wird als funktionale Redundanz bezeichnet und verleiht der Natur ihre Widerstandskraft.
Wenn sich Umweltbedingungen verändern, können sich manche Arten anpassen oder neue Lebensräume besiedeln, während andere verschwinden. Doch die Besiedlung neuer Lebensräume gelingt nur, wenn diese miteinander verbunden sind und die Arten wandern können. Deshalb braucht es nicht nur einzelne Lebensräume, sondern auch Verbindungen zwischen ihnen – die sogenannte ökologische Infrastruktur.
Diese Vernetzung ist auch entscheidend für den Austausch von Erbmaterial. Denn je grösser die Vielfalt an Genen, Arten und Lebensräumen ist, desto besser können Ökosysteme auf Veränderungen reagieren – und desto verlässlicher bleiben die Leistungen, die sie uns bereitstellen. Fehlt diese Vielfalt, fehlt die Anpassungsfähigkeit. Schon Charles Darwin erkannte: Ohne genetische Vielfalt kann keine Art überleben, wenn sich die Lebensbedingungen ändern.
Am Ende ist Biodiversität weit mehr als ein abstrakter Begriff. Eine funktionierende Lebensgemeinschaft aller Lebewesen um uns herum ist die Grundlage unseres Daseins. Biodiversität ernährt uns, schützt uns – und ermöglicht unsere Existenz.